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Technik-Revolution aus nikotingelben Kästen 18.01.2002 von Peter Rutkowski
In der "Technischen Sammlung Hochhut" sind Relikte der PC-Geschichte ausgestellt.
FRANKFURT A. M. Es ist, als wäre es schon 100 Jahre her: Lehnstuhl-Piloten beginnen, gebannt auf wirre weiße Linien und Zahlenkolonnen auf dunklem Bildschirm zu starren, Technik-Studenten verwandeln ihre Wohnheime in frauenlose Zonen, weil ihnen Amiga-Spielcomputer ausreichen, schließlich rennen Familienväter zu Media-Supermärkten: "Ich will einen Vier-Sechsundachtiziger!".
Die Revolution durch Personalcomputer (PC) ist nur 20 Jahre alt. Ihr Tempo aber erlaubt schon jetzt einen Rückblick. Der "Förderkreis Industrie- und Technikgeschichte" hat Relikte der Epoche im Gallus zusammengetragen.
In der "Technischen Sammlung Hochhut" an der Frankenallee hat der Förderkreis einen idealen Ausstellungsort für die Relikte gefunden. Soweit das Auge blickt, stehen da liebevoll erhaltenen oder restaurierte Vehikel der früheren motorisierten Revolution - gemeinhin als "Oldtimer" bekannt. In Schaukästen können Besucher die Oldtimer unter den PCs bewundern.
Inmitten des Ausstellungsareals erhebt sich eine gläserne Pyramide des Sponsors IBM Deutschland. Unten steht der "IBM 5150", gebaut im August 1981, 12,7 Kilo schwer. Darüber thront ein "ThinkScrib Notepad" vom März 2001, kaum dicker als ein paar Seiten Papier, klein und handlich, schlappe 2.5 Kilo schwer. Die beiden Geräte markieren eine technische Entwicklung, deren Rasanz ihresgleichen sucht.
Aber in den Schaukästen: Vom Schrankkoffer "Portable PC5155" bis zum kleinen "Palm IIIxe" mit Kann-man-leicht-irgend-wo-liegen-lassen-Potenzial. Tastatur an Tastatur, Bildschirm an Bildschirm stehen sie da und rufen Erinnerungen wach. An Nächte mit zu vielen Zigaretten und noch mehr Kaffe, Haareraufen, Stirn- und Unterlippenkneten. Warum geht das jetzt? Und warum das andere nicht?
Die Vitrinen sind etwa zehn Meter lang. In ihnen spielen sich Hunderttausende von Erwachsenenleben, Studienphasen und beruflichen Ausnahmesituationen ab - frei nach dem Motto "Ich hab' ein Leben lang auf meiner Adler-Schreibmaschine getippt, da werd' ich doch nicht jetzt mit so einem Kinderkram anfangen."
Der Kinderkram hat es in sich. Wie die durch Nikotin und Sonnenlicht bleibend gelbgrau verfärbten Kunststoffkästen aufgereiht stehen, sieht man ihnen kaum an, das sie die Welt verändert haben.
Vor 20 Jahren war der erste Schachcomputer real gewordene Science Fiction, heute bestehen Minderjährige im Internet virtuelle Gladiatorenkämpfe mit mehrläufigen Kanonen. Bekanntlich hat die Entwicklung digitaler Nachrichtenübermittlung und Datenverarbeitung die Visionen von Theoretikern, Mahnern und Propheten längst hinter sich gelassen. Da wirkt eine Ausstellung wie diese angenehm versöhnlich.
Eine leere Kaffeetasse steht neben einem Personalcomputer, einige wenige Beispiele aus der gigantischen Produktion an Handbüchern und Ratgebern liegen aus, demontierte Prozessoren gewähren einen Einblick ins Innenleben der Wundermaschinen.
Man bleibt unweigerlich kopfschüttelnd an Exoten wie dem "Robotron A7100" des gelichnamigen Dresdner VEB-Kombinats von 1986 stehen oder bedauert, dass Sir Clive Sinclair weder mit seinem ZX81-Computer noch mit seinem ebenfalls ausgestellten Sonnenkollektorauto C5 Erfolg hatte.
Mit einem Blick überschaut der Besucher 20 Jahre, wie es sie in diesem Leben wohl nicht mehr geben wird, zwei Jahrzehnte, in denen eine Welt verschwand und der jetzigen Platz machte. So wird diese Ausstellung ihrem historischen Ansinnen voll gerecht.
Die Ausstellung 220 Jahre Persoalcomputer" ist noch bis zum 11. Januar in der Technischen Sammlung Hochhut, Frankenallee, Eingang Hattersheimer Straße 2-4 (Gallus), zu sehen. Eintritt nach telefonischer Vereinbarung unter der Nummer 7392796 und 0171 3691532.
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