Quicklebendige historische Maschinen
FR-Leser entdecken beim Besuch der Technischen Sammlung Hochhut einen "Spielplatz für Technik-Verrückte"
Von Ilo Reuning-Daniel
Öl fließt in meinen Adern", hat Fritz Hochhut von sich selbst gesagt - und entsprechend gelebt.
Beruflich war er mit seiner Firma Hochhut-Wolf in der Günderrodestraße in der Sparte
Baumaschinen tätig. Und privat ging der Chef auf Jagd nach Raritäten: Alles, was
mit alten Maschinen und antikem Räderwerk zu tun hat, landete bei ihm.
Zum Beispiel der Heißluft-Motor Rider-Ericsson aus Chicago, gebaut um die
Jahrhundertwende, wie auch ein Original-Dreirad, handgeschmiedet. Oder
der Diesel-Motor anno 1910 vom Schwarzen Meer. Oder der erste mit
Rohöl betriebene Traktor Marke Lanz aus Mannheim, Baujahr 1921.
Oder Hochhuts "Star", ein Maybach-Motor von 1886, gefunden an der
Nordspitze Englands: ein Schatz, den Hochhut Ende der 80er Jahre
fürs geplante Frankfurter Industriemuseum stiften wollte. Alles war
schon verabredet, die Naxoshalle von der Stadt angemietet als
künftiges Museum. Dann geriet die Kommune in Finanznöte und das
Projekt wurde Makulatur. Hochhut versuchte jahrelang, seine
Sammlung irgendwo einzubringen: vergeblich. "Alles kommt auf dem
Müll!", schimpfte er bitter, brachte das aber doch nicht übers Herz.
Stattdessen gründete er am 8. Dezember 1998 die Stiftung
Technische Sammlung Hochhut mit Sitz in der Hattersheimer Straße 2
- 4 im Gallusviertel.
Allein der Oldtimer-Fuhrpark dort verschlägt einem die Sprache,
wovon sich 20 FR-Leser am Donnerstag, 7. August, am frühen Abend
überzeugen können. Werkstattmeister Michael Wolf gehört zum
Stiftungsrat. Früher restaurierte er Oldtimer, bis Hochhut ihn 1987
eigens für seine Sammlung einstellte.
Allerdings: Sammlung sei nicht das richtige Wort, Museum noch
weniger, meint Wolf. Denn das Ganze ist viel mehr. Erstens eine
Ausstellung von Maschinen, die quicklebendig sind: Räder drehen
sich, Kolben schnaufen, Motoren schnurren. Wäsche-stampfer warten
auf Füllung - und die Oldtimer auf den Start, denn man kann die
altehrwürdigen Autos mieten. Zum Beispiel das Bergmann-Kabriolett
von 1898 - "Deutschlands ältestes zugelassenes Auto", sagt Wolf -
mit integriertem Regenschirmständer und Picknick-Korb. Auch die
letzte Frankfurter Maschinen-Strickerei funktioniert. Oft kommt eine
Fachfrau her und strickt darauf.
Hier beginnt der zweite Teil der Sammlung: die historische Werkstatt
mit Stellmacherei, Sattlerei, Gießerei und Spezialwerkstätten. Hier
üben Handwerker die alte Zunft aus wie einst Hochhuts Vater Hans.
Der hatte in der Leipziger Straße seine Werkstatt und fing 1911 mit
Stationär-Motoren an. "Sündhaft teuer waren die damals", erzählt
Wolf, "und hoch angesehen die Mechaniker." Entsprechend war das
Outfit: "In weißem Hemd und mit Krawatte wurden Motoren
repariert." So soll einmal das Personal in der historischen Werkstatt
wirken. Die Werkstatt sei außerdem, sagt Wolf schmunzelnd, "ein
Spielplatz für Technik-Verrückte". Als da wären: ein russischer
Erfinder und ein Maschinenbau-Ingenieur, die seit zweieinhalb Jahren
an einer Erfindung basteln. Desweiteren ein Elektro-Ingenieur, "der
repariert, was ihn fasziniert". Dann Wolf selbst.
Und natürlich Hochhut - bis zu seinem Tod: Er starb am 19. Juli 2001
im Alter von 80 Jahren. "Er fehlt mir", sagt Wolf und lacht dann. "Ich
habe niemanden mehr zum Streiten." Laut ging es manchmal her
zwischen den beiden. Etwa als das Geschäft schlecht lief und Wolf,
der Angestellte, vorschlug, das Weihnachtsgeld zu streichen. Da
polterte Hochhut entrüstet los: Das treffe ja ganze Familien, "die
brauchen das Geld", was Wolf da für einen Unsinn rede...
Nun grübelt Meister Wolf über einen Namen für die Sammlung.
Außerdem will er eine Dokumentation verfassen, "die Hochhuts Geist
und den Zweck der Stiftung wiedergibt". Das wird ein interessantes
Buch, auch in punkto Ökonomie. Die solide Stiftungs-Finanzierung
aus Hochhut-Immobilien entspringt, wie Wolf sagt, "einem ehernen
Hochhut-Grundsatz: Nie Miete, nie Leasing, keine Kredite. Das ist
heute unser Glück."
• Anmeldung: am Dienstag, 5. August, ab 9.30 Uhr unter der
FR-Nummer 21 99 30 13. Die FR-Aktionen beinhalten keinen
Versicherungsschutz. Grundsätzlich gilt private Haftung.